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Seit 2004 vertritt der OGH – mit wenigen Ausnahmen einheitlich – die Auffassung, dass freiwillige Zuwendungen bzw freiwillige Unterhaltsleistungen, die der Unterhaltspflichtige regelmäßig von Angehörigen oder seinem Lebensgefährten erhält, nicht die Unterhaltsbemessungsgrundlage erhöhen. Diese Judikatur widerspricht dem für die Unterhaltsbemessung maßgeblichen Leistungsfähigkeitsprinzip, weil Mittel, die dem Unterhaltsschuldner regelmäßig zur Deckung seines Lebensaufwands zur Verfügung stehen, ausgeklammert bleiben. In Hinblick darauf ist sie in der Literatur zu Recht auf Kritik gestoßen. Gestützt wird sie vom OGH, der bisher keine Bereitschaft zeigte, sich mit den Einwänden inhaltlich auseinanderzusetzen, im Wesentlichen auf zwei Argumente: den fehlenden Rechtsanspruch auf die erhaltene Leistung und die Zweckwidmung des Leistenden. Wie ich in meinem in Zak 2014/584 veröffentlichten Beitrag zu zeigen versuche, sind beide Begründungen nicht tragfähig.

Angesichts der fehlenden Bereitschaft, sich mit der Kritik auseinanderzusetzen, ist allerdings nicht zu erwarten, dass der OGH in absehbarer Zeit von seiner Rechtsprechung abgehen wird. Zu hoffen bleibt aber, dass sich die zur Begründung herangezogenen Kriterien nicht verselbstständigen und über einkommensergänzende Zuwendungen hinaus auch auf andere Sachverhalte angewendet werden. Anzeichen dafür gibt es bereits. Der Versuch eines Unterhaltspflichtigen, Ausschüttungen aus einer Privatstiftung unter Berufung auf den fehlenden Rechtsanspruch auf die Stellung als Begünstigter aus der Unterhaltsbemessungsgrundlage auszuscheiden, war zwar erfolglos (1 Ob 56/14p = Zak 2014/429). Andererseits hat der OGH vor Kurzem Auszahlungen aus einer Lebensversicherung zur Gänze von der Bemessungsgrundlage ausgenommen, weil die Prämien von einem Angehörigen des Unterhaltspflichtigen eingezahlt wurden (8 Ob 35/14a = Zak 2014/456); weitergedacht hieße dies, dass auch Erträge aus Schenkungen oder testamentarischen Zuwendungen nicht mehr unterhaltsrelevant wären, was geradezu absurd erschiene.

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